Herr Goßling, Sie haben mit vielen Firmen aus unterschiedlichen Branchen zu tun. Wie setzen die sich mit dem Thema korrekte Datennutzung auseinander?
[Goßling] So ziemlich alle größeren Konzerne entwickeln gerade eine Strategie und häufig mit Data Governance gemeinsam eine eigene Ethik. Den ersten kräftigen Anstoß in Richtung ethisch-moralisch richtige Nutzung hat die DSGVO gemacht. Das löste ja auch international durchaus große Wellen aus. Einiges passierte aber schon vorher. Ganz vorne mit dabei sind die Versicherer. Sie haben deutlich mehr Erfahrung im Datenhandling als klassische Industrieunternehmen etwa aus dem Maschinenbaubereich.
Wie sieht das konkret bei der NÜRNBERGER aus, Herr Fritzlar?
[Fritzlar] Wir haben im Haus ein Data Governance Board. Das ist der nicht-technische Teil im Unternehmen, der sich um Daten kümmert. Wir in der IT sind der technische Teil. Und es gibt die Fachbereiche, vornweg die Aktuariate, die bei uns ganz klassisch und natürlich historisch gesehen die meiste Datennutzung, -analytik etc. betrieben haben. Aus diesem Kreis heraus, also zusammen mit Governance, mit Anwendenden und Nutzenden und eben mit der IT, entstehen unsere Datenrichtlinien, entsteht auch unsere Strategie oder unsere DI-Leitplanken. Und dann haben wir natürlich auch immer wieder externen Input. Sei es jetzt hier durch Fusionbase oder andere Dienstleister, mit deren Hilfe wir technisch auf den neuesten Stand gebracht werden oder Ideen für neue Anwendungsfälle bekommen. Da braucht es extrem viel Kreativität. Und ich glaube, das ist bei Ihnen, Herr Goßling, ebenfalls eines der großen Themen: dass Sie Ideen reinbringen, was man mit den Daten anstellen kann.
[Goßling] Na klar! Wir sind ein junges Tech-Unternehmen. Mein Mitinhaber und ich, wir sind beide Informatiker und haben Fusionbase aus der TU München heraus gegründet. Anfangs gingen wir auf die Betriebe zu und sagten: "Hey, wir haben eine tolle Datentechnologie und hier sind 1.000 Datensätze." Aber das funktionierte nicht. Man muss mit ausgearbeiteten Ideen an die Firmen herantreten, mit fertigen Use Cases, und zeigen, wie Daten genutzt werden könnten. Und ja, einiges ergibt sich dann auch durch eine enge Zusammenarbeit. Mit der NÜRNBERGER entwickelten wir mittlerweile eine ganze Palette an Möglichkeiten, wie sie Daten gewinnbringend für den Kunden oder innerhalb der NÜRNBERGER einsetzen. Mit dem Ziel, auch nachhaltig als wirklich fortschrittlicher Wettbewerber im Markt bestehen zu können.
Können Sie unseren Leserinnen und Lesern einen Tipp geben, was sie tun sollen, wenn sie sich unsicher sind, ob sie ihre Daten offenlegen wollen?
[Fritzlar] Das sollte wirklich jeder für sich selbst entscheiden. Es ist letzten Endes ein technologisches und wirtschaftliches Angebot, das sagt: "Wenn du die Daten mit dem Unternehmen oder dem Dienstleister teilst, kann dir daraus folgender Nutzen erwachsen." Wenn der Kunde nicht teilen möchte, dann ist das völlig legitim. Die Hoheit muss beim Einzelnen bleiben.
[Goßling] Da bin ich genau bei Ihnen: Am Ende ist es eine persönliche Entscheidung. Bei mir ist es so, ich frage mich: Kann ich dem Unternehmen vertrauen und kann ich irgendwie nachvollziehen, warum die Daten überhaupt gefordert werden? Und wenn ich alles mit "Ja" beantworten kann und im Idealfall sogar noch weiß, was genau mein Mehrwert ist, dann gebe ich meine Daten her. Wenn ich Zweifel habe, tue ich es eben nicht.
Herzlichen Dank für die Einblicke!