Matthias Schenk sprach in den neuen Arbeitswelten der NÜRNBERGER mit Angela Roth, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der FAU, und NÜRNBERGER Vorstandsmitglied Walter Bockshecker über die Frage, wie ein Paradigmenwechsel hin zu einer neuen werteorientierten Arbeitswelt sowie einer echten Nachhaltigkeitskultur gelingen kann. Und natürlich, was die schicken neuen Arbeitswelten damit zu tun haben.
BEAM ME UP, SCOTTY!
Die Zukunft der Arbeit.
Die Welt dreht sich schneller und die Zukunft lässt sich immer schwerer vorhersehen. Keiner weiß, wie Märkte sich verändern. Das hat Auswirkungen auf unsere Arbeitskultur.
[Schenk] Vieles ist in dieser Welt nicht mehr planbar. Was müssen Unternehmen heute mitbringen, um mit diesen unvorhersehbaren Dingen umgehen zu können, Frau Prof. Roth?
[Roth] Wir müssen uns darauf einlassen, dass die Veränderungen im Unternehmen ebenso unvorhersehbar sein dürfen. Dass man eben nicht nur auf die bisher gewachsenen stabilen Prozesse und Geschäftsstrukturen aufbaut, die lange Zeit ein Erfolgsgarant waren. Sondern, dass genau das aufgebrochen wird und wir beobachten, was dann im oder aus dem Unternehmen heraus passiert.
[Schenk] Wie sehen Sie das, Herr Bockshecker? Und was hat das Ganze mit den neuen Arbeitswelten zu tun?
[Bockshecker] Unternehmen, die in den letzten Jahren wirklich erfolgreich geworden sind, haben einen kleinen gemeinsamen Nenner: Sie sind schnell, unkompliziert, transparent und radikal kundenorientiert. Unsere Kunden haben einen veränderten Anspruch, den wir erfüllen müssen. Das gilt auch für unsere Arbeitsweise: Wir müssen direkter und bereichsübergreifend kommunizieren, im Gesamtzusammenhang denken. Und wir müssen für den Kunden eine Dienstleistung mit Produkten erbringen, die klar, solide und unkompliziert sind. Die Auswirkungen auf Organisations-, Arbeits- und Unternehmenskultur, Führung und Personalentwicklung sind erheblich. Stichwort soziale Nachhaltigkeit: Entscheidend für eine nachhaltige Gesellschaft ist die Neugestaltung der Arbeitswelt. Dazu zählen mehr Selbst- und Mitbestimmung am Arbeitsplatz, auch über den Ort, die Zeit und die Art der Arbeit. Mehr Selbstorganisation und eben Kommunikation.
Prof. Angela Roth
Institut für Wirtschaftsinformatik
- Professorin am Institut für Wirtschaftsinformatik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
- Leitung des Open Service Lab (OSL)
- Themenschwerpunkte ihrer Forschung, Beratung und Lehre: Dienstleistungsinnovation, Dienstleistungssysteme im digitalen Kontext, interaktive Dienstleistungsinnovation in living labs (z. B. JOSEPHS®), organisationale Kompetenzen und Change, Zukunft der Arbeit, digitale Transformation
[Schenk] Wie sehen Sie das, Herr Bockshecker? Und was hat das Ganze mit den neuen Arbeitswelten zu tun?
[Bockshecker] Unternehmen, die in den letzten Jahren wirklich erfolgreich geworden sind, haben einen kleinen gemeinsamen Nenner: Sie sind schnell, unkompliziert, transparent und radikal kundenorientiert. Unsere Kunden haben einen veränderten Anspruch, den wir erfüllen müssen. Das gilt auch für unsere Arbeitsweise: Wir müssen direkter und bereichsübergreifend kommunizieren, im Gesamtzusammenhang denken. Und wir müssen für den Kunden eine Dienstleistung mit Produkten erbringen, die klar, solide und unkompliziert sind.
Die Auswirkungen auf Organisations-, Arbeits- und Unternehmenskultur, Führung und Personalentwicklung sind erheblich. Stichwort soziale Nachhaltigkeit: Entscheidend für eine nachhaltige Gesellschaft ist die Neugestaltung der Arbeitswelt. Dazu zählen mehr Selbst- und Mitbestimmung am Arbeitsplatz, auch über den Ort, die Zeit und die Art der Arbeit. Mehr Selbstorganisation und eben Kommunikation.
[Schenk] Wie kam es eigentlich dazu, dass der Transformationsprozess der NÜRNBERGER wissenschaftlich begleitet wird?
[Bockshecker] Mir war es wichtig, dass wir nicht aus dem Blauen heraus eine solche Arbeitswelt aufbauen. Zwei Aspekte mussten berücksichtigt werden. Erstens die Produktivität: Es nutzt nichts, wenn wir stylische Räume gestalten und danach sinkt die Produktivität. Zweitens die Mitarbeiterzufriedenheit: Die wissenschaftliche Begleitung fördert die Akzeptanz dieser Maßnahmen und gibt uns ein ganz sachorientiertes, neutrales Feedback. Die Dinge, die wir im Piloten umsetzen, ändern wir wieder, wenn sie nicht ihren Zweck erfüllen. Offenbleiben und lernen sind auch hier wichtig.
[Roth] Agilität fängt von oben an. So schwer es fällt, man muss sich einfach darauf einlassen - mit einem unvorhergesehenen Resultat auch mal leben und dann schauen, was ich damit machen kann.
[Bockshecker] Wobei die Tatsache, keine Krawatte zu tragen und ein cooles Büro zu haben noch nicht zwangsläufig heißt, dass man jetzt agil unterwegs ist! (Lachen) Es kommt mehr auf die wertschätzende und konstruktive Kommunikation an - mit Mitarbeitern und Kunden.
Walter Bockshecker
Vorstand NÜRNBERGER Versicherung
- Mitglied der Vorstände der NÜRNBERGER Beteiligungs-AG, zuständig für die Bereiche Human Resources, Materialwirtschaft, Innovationsmanagement und Datenschutz
- Mitglied im Vorstand des Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft (München)
- Vorstandsvorsitzender des Berufsbildungswerks der Versicherungswirtschaft Nordbayern-Thüringen e. V.
[Schenk] Wie tragen diese neuen Arbeitswelten dazu bei, den Wandel im Unternehmen positiv voranzutreiben?
[Roth] Es geht vor allem um Vernetzung und Kommunikation und darum, gemeinsam Dinge anzupacken. Man muss nicht in das Zimmer nebenan, um etwas zu klären. Und das bezieht sich nicht nur auf die Mitarbeiter in alltäglichen Arbeitsprozessen, sondern tatsächlich auch auf die Weiterentwicklung des Unternehmens. Die Unternehmensführung ist mit den Mitarbeitern im Gespräch: "Wie geht’s denn weiter? Wo seht Ihr uns in der Zukunft und wie müssen wir uns anpassen?" Da helfen die grenzenlosen Arbeitswelten.
[Schenk] Die neuen Arbeitswelten bieten ein tolles Interieur. Wie haben denn die Mitarbeiter, die jetzt hier tätig sind, das Ganze aufgenommen? Gibt es Verbesserungsvorschläge?
[Bockshecker] Am Anfang ist es natürlich schwierig, insbesondere für Mitarbeiter, die 20 Jahre in einer bestimmten Arbeitsumgebung gearbeitet haben. Die Begeisterung war zunächst nicht sehr ausgeprägt. Und das ist charmant formuliert. Wir mussten immer wieder erklären: Warum macht man das? Wir wollen, dass die Menschen übergreifend kommunizieren. Dass die Menschen hier durchlaufen und sagen "Komm, lass uns mal einen Kaffee trinken und über das Projekt sprechen". In der Zwischenzeit - wir haben Befragungen gemacht - sagen 70 Prozent der Mitarbeiter: "Ja, das ist richtig, hier möchte ich arbeiten." Und das liegt auch daran, dass wir uns sehr intensiv um die Menschen gekümmert haben. Mit dem Bewusstsein, dass man in dem Thema nie 100 Prozent erreichen wird.
[Schenk] Abschließende Frage: Wie schaut es denn bei Ihnen im Büro aus?
[Roth] Ich habe tatsächlich ein Einzelbüro mit Wänden und Türen. Die Tür ist meistens offen. Trotzdem ist es eher die Ausnahme, dass eine Universität neue Arbeitswelten bietet. Ich kann aber vermelden, dass wir - das ist wahrlich das Höchste der Gefühle - die Mitarbeiter aus dem 4. Stock Altbau mittlerweile im 5. Stock Neubau bei uns sitzen, weil der Baustellenlärm unten so laut ist. Somit haben wir auch ein bisschen neue Arbeitswelten. Allerdings eben in anderer Form.
[Bockshecker] Als Vorstand kann ich nicht Open-Space-Konzepte anpreisen und arbeite dann selbst in einem klassischen Ambiente. Daher habe ich meinen Schreibtisch rausgeworfen und ein Besprechungszimmer eingerichtet. Alle Einrichtungsgegenstände sind mobil. Damit kann man sie für unterschiedliche Besprechungssettings einsetzen. Jeder Mitarbeiter im Haus darf diesen Raum buchen. Die neue Einrichtung hat mir auch geholfen, mich selbst zu disziplinieren. Ich habe die Schränke aus dem Büro entfernt. Wenn man keine Schränke und damit Ablagefläche hat, arbeitet man zwangsläufig digitaler.
[Schenk] Frau Prof. Roth, Herr Bockshecker, herzlichen Dank für das Gespräch.